30/2019 „Malern und Lackierern den Blick dafür öffnen, dass sie etwas Besonderes machen“

Foto: Roger Lufuta Kayoko/ Bergische Universität Wuppertal

Essen (PRG) - Die gemeinnützige Sto-Stiftung begleitet engagierte Junghandwerker nach dem Studium zum staatlich geprüften Farb- und Lacktechniker auch bei ihrem akademischen Studium an der Bergischen Universität Wuppertal. Seit 2015 unterstützt die Stiftung dabei die Pflichtvorlesung „Technologie und Gestaltung im Raum“ des Studienganges Farbtechnik, Raumgestaltung, Oberflächentechnik an der Bergischen Universität Wuppertal. Als Dozent konnte der Architekt Michael Müller vom renommierten Architekturbüro AMCS Architekten aus Wuppertal gewonnen werden. Wir trafen ihn zum Interview in seinem Büro.

Herr Müller können Sie uns einen kurzen Einblick die Arbeit Ihres Büros geben?

Wir sind ein Büro mit dreißig Personen, dass seit gut zwanzig Jahren existiert. Als Gründungsmitglieder der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) haben wir von Anfang den Schwerpunkt des nachhaltigen Bauens verfolgt. Wir sehen es als ganzheitliche Qualität und nicht nur als energieeffizientes oder als besonders bauökologisches Bauen an und ziehen den Gedanken in die ganzheitliche Planung mit ein.

Wie kam es zum Kontakt mit dem Studiengang?

Die Verbindung ist über Prof. Johannes Busmann, Leiter der Abteilung Mediendesign und Raumgestaltung an der Universität Wuppertal, zustande gekommen. Als aufgrund der Unterstützung durch die Sto-Stiftung dann die Lehrtätigkeit an mich herangetragen wurde, war ich direkt davon begeistert.

Worin sehen Sie Ihre Aufgabe als Dozent?

Meine Aufgabe ist es, Studierenden, die nach ihrer Ausbildung zum staatlich geprüften Farb- und Lacktechniker zum Großteil als Lehrer an Berufsschulen für gestaltende Handwerksberufe tätig sein werden, beziehungsweise ihren Weg in der Forschung gehen wollen, eine Möglichkeit zu geben, sich den Fragestellungen und Herangehensweisen der Architektur zu stellen.

Wie wählen Sie die Themen für Ihre Lehre aus?

Die Schwierigkeit ist, dass man in einem Studium, in dem sich Studierende nicht in erster Linie mit Architektur beschäftigen, diese auf unterschiedlichen Niveaus abholen muss. Bei meinen Aufgaben versuche ich, in einen Bereich vorzudringen, der für die Studierenden, die sehr handwerksaffin sind, Alltag ist. Ich versuche, Aufgaben zu finden, die sehr nah an ihrem Erfahrungshorizont sind.

Können Sie Beispiele nennen?

In unserem ersten Projekt beschäftigten wir uns mit der Umgestaltung eines Bahnhofs in Wuppertal. Dieses Gebäude sollte ein neues Nutzungskonzept erhalten. Neben gestalterischen Fragen mussten auch bautechnologische Themen berücksichtigt werden. Im vergangenen Semester haben wir uns dann mit dem Gebäude der Fakultät beschäftigt. Dort galt es für den großen Foyer-Bereich ebenfalls neue Konzepte zu entwickeln.

In Ihrem Seminar vereinen Sie technologische und gestalterische Fragestellungen. Wie gehen Sie dabei vor?

Das Wesentliche meiner Lehrveranstaltung ist zu verstehen, wie Grundstrukturen der Konstruktion mit der Gestaltung zusammenkommen. Ich möchte den Studierenden zunächst einmal unterschiedliche Techniken und den Umgang damit näherzubringen. Im Projekt rund um den Flur- und Foyer-Bereich ging es zum Beispiel erst einmal darum, zu schauen, was muss dort an Baukonstruktion, an Haustechnik und an Bauphysik berücksichtigt werden. Im nächsten Schritt lernten die Studenten dann, mit diesen Parametern gestaltend umzugehen, um den Raum so neu und funktional zu erstellen, dass er als Flur- und Foyer-Bereich funktioniert.

Viele der Studierenden werden künftig an Berufsschulen unterrichten. Was wünschen Sie sich als Architekt, sollten Berufsschullehrer angehenden Handwerkern vermitteln?

Personen, die sich mit der Ausbildung von Handwerkern beschäftigen, sollten sich auch mit Handwerk und seinem Stellenwert auseinandersetzen. Wenn wir es schaffen, über das Studium den Lehrenden und dann darüber hinaus den Malern und Lackierern wieder den Blick dafür zu öffnen, dass sie etwas Besonderes im Rahmen eines Ganzen machen, dann haben wir sehr viel gewonnen. Ich hoffe, dass ich hierfür einen kleinen Beitrag leisten kann.

Danke für das Interview.

Die Fragen stellte Ulrich Seiss, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiengang Farbtechnik, Raumgestaltung, Oberflächentechnik an der Bergischen Universität Wuppertal ist.


Weitere Informationen unter: www.sto-stiftung.de


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