17/2019 Gelungener Brückenschlag: Plusenergiehaus in Magdeburg

Berlin, September 2019 (PRG) Lange Zeit lag das Gelände am Rande der Magdeburger Innenstadt im Dornröschenschlaf. Noch vor wenigen Jahren standen hier die historischen Gemäuer einer imposanten Brauerei, die seit der Wende nicht mehr genutzt wurde und langsam verfiel. Bis sich 2013 ein neuer Eigentümer fand, der das Gebiet zu neuem Leben erwecken wollte. Seine Idee: Auf dem über 12 000 Quadratmeter großen Areal sollten mehrere hochwertige Einfamilienhäuser entstehen – allesamt im Bauhausstil gestaltet. Eines davon ist das Plusenergiehaus von Johanna und Alexander Hagedorn*.

Der Zufall als Helfer

Auf das Grundstück wurde das Paar durch Zufall aufmerksam: „Als wir an dem Gelände, wo damals noch viel Schutt lag, vorbeigefahren sind, dachte ich, dass hier Baggerevents stattfinden“, lacht Johanna Hagedorn. Doch das Interesse war geweckt und so nahmen die Eheleute Kontakt zum Eigentümer auf. Dass es eine feste Gestaltungssatzung für die Bebauung gab, störte die Bauherren in spe nicht: „Mein Mann war am Bauhausstil sehr interessiert“, berichtet die Bauherrin. „Ich dagegen musste mir erst einmal einige Bauzeitschriften anschauen, um mir ein Bild des geplanten Stils zu machen.“ Für Inspiration waren die beiden offen, denn von ihrem zukünftigen Domizil hatten sie noch keine klaren Vorstellungen. Viele Ideen entwickelten sich sogar erst im Laufe der Zeit durch Gespräche mit Architekt Andreas Weinert. Geplant wurde nach dem architektonischen Grundsatz „form follows function“. „Die Auseinandersetzung und Definition unserer Wünsche hat erst die perfekte Planung ermöglicht“, so der Bauherr heute.

Mit Blick fürs Detail

Zur Straßenseite hin präsentiert sich das Ensemble aus Wohnhaus und Garage mit einer geschlossenen Front: Nur wenige gut proportionierte Fensteröffnungen durchbrechen die massive Gebäudehülle. Auf der Gartenseite aber ändert sich das Bild: Hier öffnet sich das Haus mit großzügigen Verglasungen auf beiden Ebenen. Fast scheint das Flachdach über dem Obergeschoss zu schweben. Eine interessante und dynamische Wirkung erzielen die verschiedenen Vor- und Rücksprünge, die innen wie außen gemütliche Rückzugsbereiche schaffen. Ihren unverwechselbaren Charakter erhält die Villa jedoch durch die Natursteinmauern, die sich ihren Weg durch das Haus hindurch – sogar bis hinaus in den Außenbereich – bahnen. Sie setzen einen spannenden Kontrast zu den elegant in Weiß verputzen Wänden aus Poroton-Ziegeln. „Das monolithische Ziegelmauerwerk bietet beste Voraussetzungen für die Kombination mit Naturstein. Ziegel zeigen sich sehr flexibel und lassen auch individuelle Lösungen zu. Mittlerweile sind sie echte Hightech-Produkte“, erklärt Architekt Andreas Weinert. „Dabei bestehen sie aus rein natürlichen Materialien und bilden damit die Basis für ein wohngesundes Umfeld.“ Als Reminiszenz an vergangene Tage ließen die Eheleute zudem ein Stück Aussenmauer der alten Brauerei renovieren.

Wunschliste erfüllt

Im Innern zeigt sich die Villa, die auf zwei Etagen rund 320 m² Wohn- und Nutzfläche umfasst, weitgehend offen. Die Raumaufteilung folgt dabei dem klassischen Prinzip „unten wohnen, oben schlafen“. Ganz oben auf der Wunschliste der Bauherren stand ein großes Wohn- und Esszimmer, denn sie haben gern Freunde zu Besuch. Besonders beeindruckend sind die hohen Verglasungen, die den Raum umschließen und ihn wie eine lichtdurchflutete Galerie erscheinen lassen. Johanna Hagedorn erzählt: „Anders als bei den meisten Familien steht im Wohnzimmer kein Fernseher. Dafür besitzen wir jetzt einen extra Fernsehraum mit angrenzender Bibliothek. Zudem haben wir uns bewusst gegen eine komplett offene Küche entschieden. Es wirkt immer ungemütlich und störend, wenn man Gäste hat.“

Das Obergeschoss empfängt Bewohner und Gäste mit einer luftigen Galerie, die spannende Perspektiven auf Wohnbereich und Garten eröffnet. Hier befindet sich der persönliche Fitnessbereich. Schlafzimmer, Ankleide und Badezimmer wurden zu einem Trakt zusammengefasst. Im Schlafzimmer musste so kein Kleiderschrank untergebracht werden.

Abgerundet wird das Raumprogramm durch ein helles Büro und einen Gästebereich mit zwei Schlafzimmern und angrenzendem Bad.

Für die Zukunft gerüstet

Eine große Rolle spielte das Thema „Barrierefreiheit“. „Das Haus ist stufenlos begehbar. Auch der Zugang zur Terrasse ist schwellenlos“, erklärt die Bauherrin. Das Obergeschoss wird zwar über eine Treppe erschlossen, ein Aufzug wurde aber bereits berücksichtigt und lässt sich jederzeit nachrüsten. „Das Schlafzimmer kann später aber auch in das Erdgeschoss verlegt werden, denn hier befinden sich derzeit ebenfalls Gästezimmer mit eigenem Bad. Geplant wurden diese als Option für die Schwiegereltern.“ Die Ziegelwände lassen den Bewohnern zudem Spielraum, um die Grundrisse auch nachträglich noch verändern zu können.

Zukunftsfähig ist das Massivhaus auch hinsichtlich seiner Energieversorgung. „Wir bekommen unsere Energie vom Dach. Hier wurde eine große Photovoltaikanlage installiert.“ So wird das Haus, das dank der hochwärmegedämmten Gebäudehülle aus verfüllten Poroton-Ziegeln und effizienter Haustechnik einen Jahresprimärenergiebedarf von nur 22 kWh/m²a aufweist, zum Plusenergiehaus. „Unser Ziel ist es, irgendwann ein E-Auto laden zu können. Die Ladestation ist bereits in die Garage integriert.“

* Namen von der Redaktion geändert

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