04/2019 Qualität ist das, was zählt

Berlin, Januar 2019 (PRG) – Die Weltleitmesse für Bausysteme BAU in München ist nicht nur Leistungsschau, sondern gleichzeitig auch Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und in die Zukunft zu blicken. Für die Deutsche Poroton tun dies Vorstandsvorsitzender Johannes Edmüller und der stellvertretende Vorsitzende, Jürgen Habenbacher.

Herr Edmüller, was ist die Strategie der Deutschen Poroton für die nächsten Jahre?

Johannes Edmüller (Ed): Die Deutsche Poroton tritt, wie schon seit Jahren, für die Themen Nachhaltigkeit, bezahlbares Bauen und Baukultur ein. Aus Sicht der Deutschen Poroton muss es der Weg sein, die Planung insbesondere für Wohngebäude im Detail zu entwickeln und auf eine werthaltige Ausführung der Gebäudehülle zu achten. Die steht dann sehr lange und überlebt in der Regel mehrfach jede Haustechnik. Optimale Planung, robuste Bauweise dank perlitverfüllter, wohngesunder Poroton-Ziegel, auf Maß gefertigte Ergänzungsprodukte, zeitsparende Verarbeitungskomponenten sowie Poroton-Softwaretools ermöglichen schnellen Baufortschritt, sichern Gebäudequalität und schaffen bezahlbaren Wohnraum für Generationen. Daran halten wir fest und werden in diesem Sinne unsere Produkte und Services weiter entwickeln.

Es fehlt nach wie vor sehr viel an bezahlbarem Wohnraum. Brauchen wir serielles Bauen, um günstig und schnell bauen zu können?

Jürgen Habenbacher (JHa): Es geht darum, die bestehende Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland bedarfsgerecht zu bedienen. Dafür ist das Gesamtbild zu betrachten, das die Kosten für Grund und Boden, für die Errichtung und für die Nutzung des Gebäudes miteinbezieht. Insbesondere in Ballungszentren, in denen hoher Wohnraumbedarf besteht, gilt es deutlich mehr an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen. Dabei sind wir alle gefordert, stets für hohe Qualität und Langlebigkeit in der Verdichtung zu sorgen. Wir sehen die Zukunft im modularen Bauen. Durch den Einsatz von Modulen können Gebäude individueller gestaltet und auf den Bedarf sowie örtliche Gegebenheiten reagiert werden.

Haben Sie nicht Angst, dass bei dem Zwang schnell und günstig zu bauen die Baukultur verloren geht?

Ed: Wir dürfen jedenfalls nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Baukultur ist uns ein großes Anliegen. In Zeiten der Urbanisierung und Gentrifizierung genügt es nicht, wenn wir uns als Marktführer nur mit U-Werten und Bauphysik auseinandersetzen. Uns bewegt die Frage: Was kann Poroton zur Baukultur beitragen? Deshalb haben wir 2018 die Architekturtagung „Architektur.Stadt.Verantwortung“ ins Leben gerufen, die im September in Frankfurt zum ersten Mal stattfand. Mit namhaften Vertretern der Zunft wie Reiner Nagel oder Stefan Forster diskutierten wir über Baukultur in Zeiten der Urbanisierung.

JHa: Qualität ist das, was bleibt. Wenn wir von Baukultur reden, geht es um architektonische und stadtplanerische Nachhaltigkeit. Um Gebäude und Stadträume, in denen Menschen sich wohlfühlen. Es ist unsere Aufgabe zu zeigen, dass es mit modernen Ziegeln möglich ist, architektonisch hochwertig sowie bezahlbar zu bauen – sei es monolithisch oder zweischalig in der Kombination von Poroton-Ziegeln mit Vormauerziegeln. Architekten setzen neben der Ästhetik in den letzten Jahren verstärkt auf Qualität sowie Dauerhaftigkeit von Fassaden aus gebranntem Ton. Es ist ausreichend Kapital vorhanden hochwertig zu bauen bzw. zu sanieren und auf Langlebigkeit zu setzen. Und Planer wünschen sich hier individuelle, projektbezogene Anfertigungen, um ihre ästhetischen Konzepte umzusetzen. Um uns weiter mit Architekten auszutauschen, werden wir „Architektur.Stadt.Verantwortung“ 2019 fortsetzen, dann in München.

Wenn in den Zentren Wohnraum entstehen soll, reden wir automatisch von Nachverdichtung – und damit vom Schallschutz. Kann Ziegel Schallschutz?

Ed: Moderne Mauerziegel für den Geschossbau, die so genannte S-Klasse, mit den zugehörigen Poroton-Systemergänzungen erreichen bei entsprechender Planung schon lange den erhöhten Schallschutz, also eher Schnee von gestern.

JHa: Der renommierte Architekt Piero Bruno hat an dieser Stelle auch schon mal von Ignoranz gesprochen. Soweit würde ich jetzt nicht gehen. Wir haben hier klaren Aufholbedarf, uns in das Interesse von Architekten und Bauingenieuren zu bringen und die vielen Vorteile von Ziegel aufzuzeigen. Deshalb werden wir ab 2019 verstärkt in die Bildung des akademischen Nachwuchses in den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen investieren. Denn mit Perlite verfüllte Poroton-Ziegel erfüllen alle Anforderungen an einen Wandbaustoff in einem einzigen Produkt. Gebaute Beispiele gibt es genügend. Denken Sie beispielsweise an das Gebäude Tetris in Berlin-Adlershof, das 2017 den German Design Award gewann, und in dem erhöhter Schallschutz mit Poroton-Ziegeln erzielt wurde.

Haben wir überhaupt noch Maurer, die das alles mauern können?

Ed: Das ist in der Tat eine Herausforderung. Aber auch hier verlegen wir uns nicht aufs Jammern, sondern investieren in den Maurernachwuchs. Seit 2016 unterstützt die Deutsche Poroton das Nationalteam der Maurer mit wachsendem Erfolg. Christoph Rapp errang im September 2018 die Goldmedaille bei den EuroSkills in Budapest. Eine großartige Leistung! Außerdem arbeiten wir mit zahlreichen Berufsschulen und Ausbildungszentren vor Ort zusammen, um die Azubis für die Anforderungen unserer modernen Hochleistungsbaustoffe fit zu machen.

Der Rekord-Sommer 2018 hat gezeigt, dass wir uns mehr um sommerlichen Hitzeschutz kümmern müssen. Gehört die Klimaanlage künftig zur Grundausstattung eines Hauses?

JHa: Das kommt auf die Bauweise an. Der Ziegel ist eine natürliche Klimaanlage. Aufgrund seiner Masse sorgt er für eine Phasenverschiebung des Temperaturverlaufs, puffert damit Temperaturspitzen ab und sorgt ganzjährig für Wohlfühlklima.

Ed: Der Fokus bei der Gebäudebilanzierung liegt bislang nahezu ausschließlich auf der Wärmedämmung. Wir fordern die Rückbesinnung auf bauphysikalische Grundtugenden des Bauens, wie eben die Speicherfähigkeit von massiven Baustoffen.

Der Klimaschutzplan der Bundesregierung sieht einen CO2-neutralen Gebäudebestand bis 2050 vor. Erreichen wir dieses Ziel? Erreichen wir es mit dem geplanten Gebäudeenergiegesetz GEG?

JHa: Ich hoffe es, aber Zweifel sind angebracht. Das GEG in seiner aktuell vorliegenden Form beachtet noch zu wenig die von Herrn Edmüller angesprochenen bauphysikalischen Grundlagen und setzt zu viel auf Technik. Vor allem aber setzt es beim Thema Energieeinsparung nach wie vor zu sehr auf den Neubau anstatt auf die Sanierung des Bestands. Die wirtschaftlich vertretbaren Spielräume sind im Neubau längst ausgereizt.

Ed: Der Fokus wird wohl in Zukunft stärker auf der Sanierung liegen müssen. Um hier zu einer nachhaltigen Steigerung zu kommen, sind die Anreize leider immer noch zu gering. Das Mieter-Vermieter-Dilemma wird nach wie vor nicht entschlossen genug angegangen. Insgesamt sind die Regelungen zu kompliziert. Es müsste zielorientierter gedacht werden. Der Weg ans Ziel, also CO2-neutral zu bauen, muss nicht bis ins Detail reguliert sein. Jedenfalls leistet die Deutsche Poroton auch hier wertvolle Beiträge, wie beispielsweise mit der Wärmedämmfassade Poroton-WDF zur energetischen Außen- und Innendämmung. Oder mit unserem Top-Produkt, dem klimaneutralen Poroton-T7-Ziegel, den wir auf der BAU 2019 präsentieren. Das ist der erste CO2-neutrale Ziegel überhaupt!

Wohin entwickelt sich der Ziegel?

Ed: Wir sind der Meinung, dass die Zukunft im System bzw. in der Art der Verarbeitung liegt. Deshalb haben wir Redbloc entwickelt, ein Ziegelfertigteil, das im Werk auf Basis des Architektenplans vorgefertigt wird und auf der Baustelle nur noch an der richtigen Stelle eingefügt werden muss. Redbloc vereint das Beste aus zwei Welten: Die Vorteile des hochwertigen Ziegelmassivbaus mit denen einer effizienten industriellen Fertigteilbauweise.

JHa: Zusätzlich bietet uns die Digitalisierung Chancen, Lösungen zu entwickeln, mit denen Wohnraum schneller und günstiger realisiert werden kann. Die Wienerberger-Gruppe testet derzeit ein Verfahren zur automatisierten Verlegung von Ziegeln. Gemeinsam mit dem australischen Bauroboterhersteller Fastbrick arbeiten wir an geeigneten Lösungen, um den Ressourceneinsatz effizienter zu gestalten und den Mangel an Fachkräften kompensieren zu können.

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