22/2017 Wenn Theorie auf Baupraxis trifft

Zeilarn, November 2017 (PRG) – In diesem Jahr begeht Deutschlands erfolgreichster Ziegelverband, die Deutsche Poroton, sein 50-jähriges Jubiläum. Im bundesweit einzigen privaten Ziegelforschungszentrum im niederbayerischen Zeilarn fand Mitte Oktober aus diesem Anlass der Forschungs- und Entwicklungstag statt. Poroton-Vorsitzender Johannes Edmüller, Schlagmann Poroton: „Für uns geht es darum, die Poroton, ihre Mitglieder und Produkte fit zu machen für die anstehenden Aufgaben. Wichtig ist dafür der Austausch zwischen Forschung und Praxis. Ich bin sehr froh, dass unser hochkarätig besetzter Wissenschaftlicher Beirat als Impulsgeber zur Verfügung steht.“

Prof. Dr.-Ing. Carl-Alexander Graubner, TU Darmstadt, wies die Nachhaltigkeit von Ziegelmauerwerk im Vergleich zu anderen Bausystemen nach. Ziegel erreicht über einen Zeitraum von 50 Jahren Werte, die denen von Holz oder Beton mindestens ebenbürtig sind, zum Teil sogar deutlich besser. Zugleich profitieren Investoren und Bauwirtschaft von bis zu 15 Prozent Kostenvorteil.

Prof. Dr.-Ing. Detleff Schermer, OTH Regensburg, stellte Robustheit und sehr guten Schallschutz von Ziegelmauerwerk in den Mittelpunkt. Die Produktentwicklungen bei verfüllten Ziegeln haben zu ausgezeichneten Tragfähigkeiten geführt, die bis zu neun Geschosse in monolithischer Bauweise möglich machen.

Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm, Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V., München, stellte mit „Wärmeschutz im Kontext der Energiewende“ ein aktuelles Forschungsvorhaben vor. Für ihn liegen Erfolg oder Misserfolg der Energiewende im Bestand. Geeignete Baustoffe und Technologien gibt es, allein die Sanierungsrate fällt seit Jahren zu gering aus.

Prof. Dr. Klaus Peter Sedlbauer, Fraunhofer Institut für Bauphysik, Stuttgart, sieht im Building Information Modelling (BIM) den Weg, um die disruptiven Veränderungen im Bau zu bewältigen. Der „digitale Zwilling“ der Planungsphase wird nicht nur alle Informationen zum Gebäude und seiner Nutzung sammeln. Er ist auch entscheidend, wenn es um wohngesunde Innenraumluft geht.

Braucht es künftig Chips in jedem Ziegel?

Die Anregungen aus der Wissenschaft nahm eine offene Podiumsdiskussion teils kontrovers auf. Adressiert an die neue Regierung forderte Prof. Michael Voigtländer, IW Köln, mehr Bauland in den Ballungsgebieten. Nur so ließe sich verhindern, dass Wohnen zum Luxusgut wird. Christian Bruch, Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Berlin, drängte auf Kompetenzbündelung in einem echten Bauministerium und bemängelte fehlende Sachkompetenz in Planungsämtern.

Unternehmerin Gisela Raab, RAAB Baugesellschaft, Ebensfeld, kritisierte die ständig wachsenden Vorgaben, etwa im Brandschutz, die es nahezu unmöglich machen, preiswert zu bauen. Prof. Piero Bruno, Bruno Fioretti Marquez Architekten, Berlin, unterstützte ausdrücklich aus der Perspektive der Architektenschaft. Gemeinsames Ziel müsse es sein, wieder einfacher zu bauen – was für den Ziegel spricht. Für wichtige Ziele wie Brandschutz und Barrierefreiheit sollte es Zielvorgaben mit flexiblen Wegen geben. Dringenden Handlungsbedarf sehen die Bauprofis in Aus- und Fortbildung, um Fehler in der Ausführung zu minimieren.

Wohin entwickelt sich der Ziegel?

Für Lorenz Bieringer, Geschäftsführer Wienerberger, Hannover, besteht die wichtigste Aufgabe der Industrie darin, die Produktpalette um digitale Dienstleistungen und Services zu erweitern. Allerdings wird BIM auf absehbare Zeit nicht dazu führen, „dass wir unsere Ziegel mit RFID-Chips ausstatten.“

Poroton-Geschäftsführer Clemens Kuhlemann zog ein positives Fazit. Für ihn stehen vier zentrale Aspekte im Fokus: „Wir punkten am Markt mit robusten Systemen und einfacher Verarbeitung. Das gilt es auszubauen, damit Bauherren und Industrie auch künftig kostengünstiges Bauen für alle ermöglichen. Intensivieren werden wir unsere Aktivitäten bei Bildung und Nachwuchsförderung. Die Megaaufgabe Digitalisierung werden wir neben hervorragenden Produkten mit sinnvollen Services und Softwaretools unterstützen, um unseren Marktpartnern die Arbeit zu erleichtern.“

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