12/2017 Stilsichere Contenance

Berlin, September 2017 (PRG) – In historischen Vierteln freistehende Grundstücke zu bebauen, ist immer eine Herausforderung für Architekt und Bauherr – insbesondere wenn Villen den architektonischen Kontext bilden. So geschehen in Hildesheim in der Mittelallee.

Architekt Carsten Brockelmann wurde sozusagen nachbarschaftlich betraut, ein neues Haus zu planen, das eine Baulücke füllen sollte. Das Bauherrenpaar ließ sich dabei durch die Umgebungsbebauung inspirieren. Schnörkellose repräsentative Gebäude stehen dort. Sie erinnern an die Reformarchitektur der 1920er-Jahre. In vielen Städten kennt man die sogenannten „Kaffeemühlen“ – zweigeschossige Villen mit Walmdächern und Aufschieblingen an der Traufe – in ihrer Zeitlosigkeit und überzeugenden Proportionen sind sie bis heute einzigartig.

Mit skandinavischen Einflüssen

Das Wohnhaus von Architekt Brockelmann erkoren die Bauherren zum Vorbild, nicht wissend, dass hier dänische Einflüsse zum Tragen kamen. Der Planer des Gebäudes hatte sich einmal in repräsentative dänische Landhäuser „verguckt“, die ohne jeden Zierrat an der Fassade auskommen und ausdrucksstark sind. In dieser Geradlinigkeit ähneln sie den deutschen Villen aus den 1920er-Jahren.

Anspruchsvoll komponiertes Interieur

Entstanden ist ein Wohnhaus mit insgesamt 223 Quadratmetern Wohnfläche auf drei Ebenen – schon jetzt in der Dachetage auf Familienzuwachs ausgelegt.

Besucher der Villa erleben ein besonderes Entree: Die runde Diele markiert nach außen einen geschwungenen Eingangsbereich, der im ersten Stock in einen Balkon übergeht. Im Inneren wird der Gast durch die Ausstattung mit hellblauen, floral gemusterten Fliesen, einem sparsamen Stuckband und einer Messinglampe im Jugendstil eingestimmt auf den Besuch einer Villa mit anspruchsvoll komponiertem Interieur.

Auf der Terrassensüdseite des Gebäudes befindet sich der Wohn-Ess-Bereich, dem sich eine offene Küche mit Kochinsel anschließt – alles auf insgesamt 50 Quadratmetern Grundfläche. Markant im Wohnbereich ein runder Kachelofen, Grundofen genannt, wie man ihn aus skandinavischen Herrenhäusern kennt. Seit über 200 Jahren wird er wegen seiner eleganten Erscheinung und gesunden Strahlungswärme geliebt. Ein Hauswirtschaftsraum, Gäste-WC und ein Flur runden das Raumangebot im 88 Quadratmeter großen Erdgeschoss ab.

Wellness mit allen Sinnen

Im Obergeschoss gehen vom Flur das Atelier der Hausherrin, einer Fotografin, ein Arbeitszimmer für den Unternehmer sowie das 15 Quadratmeter große Schlafzimmer ab. Repräsentativ ist auch hier das Bad. Wellness mit allen Sinnen genießen – dafür sorgt eine anspruchsvolle Ausstattung an Armaturen, Sanitärkeramik, Badewanne und Dusche in Designerqualität. Auffallend ist hier ein ovales, querliegendes Fenster oberhalb der freistehenden Badewanne. Vom Erdgeschoss führt die handgearbeitete Echtholztreppe im Landhausstil bis unters Dach. Dort befinden sich zwei Kinderzimmer und ein Abstellraum.

Konsequenz in den Proportionen

Historische Anleihen nahm das Paar bei der Wahl der Vollholzsprossenfenster sowie der dazu passenden Klappläden in Grau. Die Verglasungen variieren je nach Funktion der Räume – bis hoch zur Viereckgaube unterm Walmdach. Alle eint konsequente und damit wohltuende Proportionen. Im Inneren wurden passend zum Stil Materialien und Möbel ausgewählt. Fischgrätparkett aus Eiche harmoniert sehr gut mit der gewendelten Treppe in Eiche und Weiß. Sparsam verarbeiteter Stuck und sorgfältig abgestimmte Farben der Innenwandgestaltung passen zu den Landhaustüren in Weiß und den Vollholzmöbeln im Essbereich.

Tugenden des Ziegels

Architekt Brockelmann brauchte keine lange Überzeugungsarbeit, um das Paar für eine Ziegelmassivbauweise zu gewinnen. Langlebigkeit, Sicherheit und Wohngesundheit gehören unter anderem zu den zahlreichen Tugenden des Ziegels. Für die Außenwände kamen der Poroton-T8-MW in einer Wandstärke von 36,5 Zentimetern zum Einsatz. Die Innenwände bestehen aus Poroton-Innenwandziegeln in den Stärken 11,5 und 17,5 Zentimetern. Dank der integrierten Wärmedämmung aus Mineralwolle bei der Gebäudehülle erreicht die Villa einen sehr guten Wärmeschutz. Eine Gasbrennwerttherme versorgt effizient die Fußbodenheizung im ganzen Haus, während die Solaranlage an sonnenscheinreichen Tagen die Warmwasserbereitung kostenlos übernimmt. An heißen Sommertagen jedoch genießen die Bewohner das kühle Raumklima, das durch den porosierten Ton erzeugt wird. Tagsüber speichern die Wände die Wärme und geben sie zeitversetzt in der Nacht wieder ab. Dieser Temperaturausgleich ähnelt einer Klimatisierung der Räume.

Ursprünglich hatte das Bauherrenpaar die Absicht, eine Villa im Bestand zu kaufen und dann zu sanieren. Aus Mangel an geeigneten Angeboten entschlossen sich beide zum Neubau. Diese Entscheidung bewahrte das Paar vor unliebsamen Überraschungen, wie sie bei der Sanierung gang und gäbe sind. Für die nächsten Jahrzehnte haben sich die Bewohner mit einem individuell geplanten Zuhause mehr als belohnt – das zudem auch Familienzuwachs möglich macht.

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