01/2022 Warum die Dekarbonisierung eine fundierte Datenanalyse braucht

Berlin, im Februar 2022 – Mit der EU-Taxonomie und der Offenlegungsverordnung hat das Europäische Parlament die regulatorischen Weichen für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors gestellt. Damit die Top-Performer von gestern nicht zu Stranded Assets von morgen werden, ist die Immobilienwirtschaft gefordert, die nachhaltige Transformation ihrer Portfolios in den nächsten Jahren aktiv voranzutreiben. Um fundierte Investitionsentscheidungen treffen zu können, wird die digitale Datenanalyse zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Bestandssanierung als Treiber für nachhaltige Portfolios

Waren 2019 lediglich 15 Prozent aller Immobilienfonds nachhaltig, werden es nach einer aktuellen Studie von PwC bis 2025 rund 60 Prozent sein. Für nicht nachhaltige Immobilien wird es auf lange Sicht gesehen keinen Markt mehr geben. Wer sein Portfolio nachhaltig transformieren möchte, hat drei Optionen: man kann nicht nachhaltige Assets abstoßen, nachhaltige Assets zukaufen oder Bestandsimmobilien taxonomiekonform sanieren. Aufgrund einer schrumpfenden Nachfrage nach nicht nachhaltigen Assets und einer Übernachfrage nach nachhaltigen Assets werden die meisten Portfolio-Manager ihre Nachhaltigkeitsziele also in erster Linie über die Optimierung des eigenen Bestandes erreichen müssen. Wie groß das Potenzial im Bestand ist, zeigen die Zahlen: 220 Millionen Gebäudeeinheiten – 85 Prozent des EU-Gebäudebestands – wurden vor 2001 errichtet. 85 bis 95 Prozent der heutigen Gebäude werden also auch im Jahr 2050 noch stehen – und sind damit der zentrale Hebel zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors.

Digitale Datenanalyse mit integrierter Engineering Expertise

Doch egal, mit welcher Strategie ein Portfolio fit für die nachhaltige Zukunft gemacht werden soll – um fundierte Entscheidungen treffen zu können, bedarf es neben der Datenerfassung einer soliden Datenanalyse: Nur so können maßgeschneiderte Dekarbonisierungsstrategien für Portfolios entwickelt und die entsprechenden Kombination Investitionskosten abgeschätzt werden. In der Praxis bewährt hat sich eine mit analoger Engineering Expertise verknüpfte digitale Datenanalyse. Bei Arup nutzen wir dafür die selbst entwickelte CRISP Plattform und die Erfahrung unserer Fachingenieure. In dieser Kombination werden Assets mit dem größten Handlungsdruck priorisiert, um die Risiken auf die Performance des Portfolios gezielt reduzieren zu können. Auf Basis detaillierter Dekarbonisierungspfade für Risiko-Assets können verschiedene Szenarien mit konkreten technischen Maßnahmen unter Optimierung des Kosten-Nutzen- Verhältnisses durchgespielt werden.

Kluges Timing minimiert Dekarbonisierungskosten

Keine Frage, die nachhaltige Transformation von Bestandsportfolios ist komplex und kostenintensiv. Wer Synergieeffekte geschickt nutzt, kann bis zu 60 Prozent der Kosten einsparen. Möglich wird dies, indem man Dekarbonisierungsmaßnahmen in die Instandhaltungs- und Mietvertragszyklen eintaktet. Nehmen wir als Fallbeispiel ein Anfang der 2000er Jahre errichtetes europäisches Bürohochhaus, dessen Fassade nicht mehr den aktuellen Energieeffizienz-Standards entspricht und dessen Gebäudetechnik nicht mehr effizient betrieben werden kann. Der Mietvertrag des aktuellen Mieters endet 2024, der Stranding-Zeitpunkt des Gebäudes liegt bereits drei Jahre später. Der Auszug des Mieters ist somit der ideale Zeitpunkt für die Durchführung eines größeren Maßnahmenpakets, das sowohl die ohnehin notwendigen technischen Erneuerungen beinhaltet als auch gleichzeitig die Dekarbonisierungsziele umsetzt. Durch unterschiedliche Varianten der Maßnahmenpakete kann der künftige Stranding-Zeitpunkt des Gebäudes mit der Laufzeit der neuen Mietverträge synchronisiert werden, sodass ein ideales Kosten-Nutzen-Verhältnis entsteht.

Graue Emissionen verdoppeln CO2-Footprint

Was bei der Nachhaltigkeitsbewertung von Immobilien bislang weitestgehend unberücksichtigt bleibt, ist das in Gebäuden verbaute CO2. So hat ein energieeffizienter Neubau zu Beginn des Gebäudelebenszyklus bereits so viel CO2-Emissionen im Gepäck, wie er während der 50-jährigen Nutzungsphase emittiert. Dieses 50:50 Verhältnis zeigt, dass eine Betrachtung der Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus dringend notwendig ist, um fundierte Investitionsentscheidungen treffen zu können. Nach Schätzungen von Branchenexperten verfügt bislang nicht einmal ein Prozent aller Gebäude über eine Ökobilanzierung, die alle Phasen von der Rohstoffgewinnung bis zum Rückbau umfasst. Dieser wichtige Punkt wurde in der EU-Taxonomie für Neubauten bereits berücksichtigt und macht deutlich, wohin sich der Marktfokus entwickeln wird.

Life-Cycle-Assessment eröffnet Einsparpotenziale

Um die Dekarbonisierung der Immobilienbranche aktiv voranzutreiben, hat sich Arup freiwillig dazu verpflichtet, ab April 2022 alle Neubau- und Sanierungsprojekte im Gebäudesektor hinsichtlich ihrer operativen und gebundenen CO2-Emissionen zu bilanzieren. Das im ganzheitlichen Beratungsansatz inklusive Whole Lifecycle Carbon Assessment soll Kunden die Umweltauswirkungen unterschiedlicher Projektszenarien verdeutlichen und sie bei der nachhaltigen Entscheidungsfindung unterstützen. So ist eine Weiternutzung durch Konversion oder Revitalisierung im Vergleich zu Abriss und Neubau fast immer die ökologisch und ökonomisch überlegene Lösung. Bis zu 70 Prozent graue Emissionen lassen sich allein durch die Wiederverwendung vorhandener Materialien einsparen.

Netto-Null-Emission als globale Mission

Aus den Ergebnissen der Whole Lifecycle Carbon Assessments wird sukzessive ein Datenpool aufgebaut, der der Immobilienwirtschaft nützliche Informationen für die nachhaltige Transformation ihrer Portfolios liefern soll. Um dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes Schritt für Schritt näherzukommen, werden pro Jahr rund 2.000 Datensätze weltweit in unsere Datenbank integriert und damit die Datenbasis kontinuierlich erweitert. Die Dekarbonisierung der gebauten Umwelt ist eine globale Herausforderung, die nur mit dem Know-how aller gelingen kann. Die klimaneutrale Zukunft beginnt jetzt – mit jeder Tonne CO2, die wir gemeinsam einsparen.

Über Arup

Arup ist ein weltweit tätiges, unabhängiges Planungs- und Beratungsbüro und die kreative Kraft hinter vielen der weltweit bedeutendsten Projekte der gebauten Umwelt. Mit 15.500 Planern und Beratern in 40 Ländern bietet das Unternehmen innovative und nachhaltige Lösungen für unterschiedlichste Branchen und Märkte. In Deutschland liefert Arup mit 300 Experten an den Standorten Berlin, Frankfurt am Main und Düsseldorf maßgeschneiderte Lösungen zu allen Anforderungen - von der Fachplanung einer Spezialdisziplin bis zu komplexen, interdisziplinären Projekten.

www.arup.com

Bildmaterial

Das Bildmaterial ist für die redaktionelle Nutzung kostenfrei. Bitte schicken Sie uns ein Belegexemplar bzw. einen Link.