Die Circular Economy verändert die Art und Weise, wie Gebäude geplant, realisiert und betrieben werden. Die traditionell geprägte Immobilienwirtschaft muss ihre eingefahrenen Pfade verlassen und neue Wege gehen. Visionäre Projekte wie ADPT zeigen, wie der Weg von der linearen Gegenwart in die zirkuläre Zukunft mit Mut und Kreativität gelingen kann.
Modulare Multifunktionalität
Für die Realisierung ihrer Vision eines modularen, kreislaufgerechten Gebäudesystems suchte das Start-up F2K einen erfahrenen Planungspartner, der mit den Prinzipien des zirkulären Planens und Bauens vertraut ist und entschied sich für Arup. Im Oktober startete die Zusammenarbeit, die die Entwicklung eines multifunktional nutzbaren, konfigurierbaren, transportierbaren und recyclebaren Prototypen zum Ziel hat. ADPT ist Name und Programm zugleich, denn das Gebäudesystem lässt sich hinsichtlich der Größe, Materialien und Ausstattung individuell an die Bedürfnisse der jeweiligen Nutzer und den spezifischen Standort adaptieren. Mit ihren nutzungsoffenen Grundrissen bietet ADPT maximale Flexibilität. Ob Büro-, Wohn- oder Schulgebäude – alles ist möglich. Das Gebäudesystem lässt sich bedarfsgerecht aufstocken, erweitern, verkleinern oder umnutzen. Die Module können sogar problemlos von einem Ort an den anderen verlagert werden. Aus der klassischen Immobilie von heute wird damit die innovative „Mobilie“ von morgen.
Zirkuläres Pilotprojekt
„Das Toolkit hat uns dabei geholfen, das interdisziplinäre Know-how der Projektpartner zu bündeln, strukturiert zu nutzen und dadurch die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Lena Raizberg, Leiterin Architektur Berlin bei Arup
ADPT ist das erste Projekt, das mit dem von Arup entwickelten Circular Building Design Toolkit entworfen wurde. Der zirkuläre Werkzeugkasten ist eine praxisorientierte Hilfestellung, um Planungsprozesse zu optimieren und Gebäude hinsichtlich ihres Ressourcenverbrauchs, CO2-Fußabdrucks und Materialwerts zu validieren. Angesichts des hohen Vorfertigungsgrades der Gebäudemodule wurden die ausführenden Baupartner bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die Entwurfsplanung einbezogen. Dadurch ist viel interdisziplinäres Wissen in das Projekt eingeflossen. Der Prototyp des zirkulären Gebäudesystems wurde in Holzbauweise geplant. Aufgrund seiner CO2-Speicherfähigkeit und hervorragenden Ökobilanz passt der regenerative Baustoff optimal zum Kreislaufgedanken des Projekts. Um angesichts der aktuellen Materialengpässe im Ernstfall schnell umplanen zu können, wurde auch eine Stahlvariante optional zu durchdacht.
Maßgeschneiderte Zirkularität
Als Generalplaner übernimmt Arup sämtliche Architektur- und Ingenieurleistungen des zirkulären Gebäudesystems. Neben der Planung des Tragwerks und der Gebäudehülle zählen dazu auch der Brand-, Schall- und Wärmeschutz sowie die technische Gebäudeausstattung und das Energiekonzept. „Unser Konzept sieht so wenig High Tech wie nötig und so viel Low Tech wie möglich vor“, macht Projektleiterin Lena Raizberg deutlich. Wie andere Gebäude auch bestehen die ADPT-Module aus verschiedenen Layern mit unterschiedlichen Funktionen und Nutzungsdauern. Da das Tragwerk eine deutlich längere Lebensdauer hat als die Fassaden und Gebäudetechnik, wurden die einzelnen Schichten im Gebäudedesign voneinander getrennt und für jeden Layer eine individuelle Designlösung entwickelt, die eine maßgeschneiderte Wiederverwertbarkeit ermöglicht. Während bei der Konzeption des Tragwerks Langlebigkeit und Adaptierbarkeit im Vordergrund standen, wurden Fassaden und Gebäudetechnik nach den Prinzipien des Recyclings und der Wiederverwertbarkeit konzipiert.
Digitale Learning Loops
Das ADPT-System wird mit BIM geplant. Auf der Suche nach der optimalen Lösung können dadurch – auch unter Homeoffice-Bedingungen – zu jeder Fragestellung verschiedene Varianten gemeinsam am virtuellen Gebäude durchgespielt werden. Die Auswirkungen auf die Zeit- und Kostenplanung sind sofort sichtbar, was die Entscheidungsfindung erleichtert. „Die Entwicklung eines perfekten Prototyps ist eine zirkuläre Reise mit vielen Learning Loops. BIM hilft uns dabei, aus jeder die richtigen Schlüsse zu ziehen“, so Lena Raizberg. Zudem sorgt der digitale Zwilling für Transparenz hinsichtlich der Art, des Werts und des ökologischen Fußabdrucks der verbauten Materialien. Sämtliche Komponenten werden mithilfe eines As-Built-Models abgebildet und mit einer digitalen Materialdatenbank verbunden. Dieses digitale Kataster erleichtert die spätere Rückführung in den Wertstoffkreislauf – und macht jedes ADPT-Modul zu einem Rohstoffdepot für die nächste Generation von Gebäudemodulen.
Kreislaufbasiertes Geschäftsmodell
Das zirkuläre Produktdesign von ADPT ist eingebettet in ein zirkuläres Business-Modell, das die Skalierung vom Prototyp zur Serie beschleunigen soll. Statt die Gebäudemodule zu kaufen, bezahlen die Kunden für deren Nutzung. Das Produkt wird damit zum Service, der mit der Rückgabe der Module endet. Das Product as a Service-Modell reduziert den Ressourcenverbrauch und entlastet damit die Umwelt. Denn jedes Material, das wiederverwendet wird, muss nicht produziert werden und spart somit Rohstoffe, Energie und Treibhausgasemissionen ein. Das ist nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, sondern rechnet sich angesichts immer knapper werdender natürlicher Ressourcen und explodierender Rohstoffpreise auch wirtschaftlich.
Urbanes Exponat
Zwei der von Arup konzipierte Prototypen des modularen, zirkulären Gebäudesystems sind Teil des Ausstellungsprojekts Folkwang und die Stadt, das anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Museums vom 21. Mai bis 7. August 2022 in Essen stattfindet. Im Fokus stehen Konzepte zur Urbanität der Zukunft, die sowohl in den Ausstellungsräumen als auch im Stadtraum präsentiert werden. „Die beiden 20 Quadratmeter großen Module sind quasi Mockups im menschlichen Maßstab, in denen sich die Besucher über die regenerative Materialverwendung und die technischen Kreisläufe von ADPT informieren können. Zudem sind Diskussionsrunden und Vorträge zum zirkulären Gebäudedesign geplant“, verrät Lena Raizberg. Im Anschluss an die Jubiläumsausstellung treten die zirkulären „Mobilien“ die Reise zu ihren ersten realen Nutzern an – und werden diesen als Wohn- bzw. Seminarmodul dienen.